Kanban für Lernprozesse: Übersicht und Flexibilität für effizientes Lernen

Kanban ist eine Methode, die ursprünglich aus der Produktionssteuerung stammt und von dem Autobauer Toyota entwickelt wurde, mittlerweile aber in vielen Bereichen – vom Projektmanagement bis hin zu Lernprozessen – erfolgreich eingesetzt wird. Kanban ermöglicht eine strukturierte Herangehensweise an Lern- und Arbeitsprozesse. Doch wie kann man Kanban auf das Lernen und Arbeiten anwenden? Schauen wir uns das Schritt für Schritt einmal an.

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Welche Arten von Lernzielen gibt es?

Was ist Kanban?

Kanban bedeutet übersetzt „Signal-Tafel“ und basiert auf einer visuellen Darstellung von Aufgaben. Es hilft, Lern- und Arbeitsabläufe transparent zu machen, Engpässe zu identifizieren und Fortschritte zu veranschaulichen. Die Methode setzt auf drei zentrale Prinzipien:

  1. Visualisierung von Aufgaben
    Alles wird auf einem Kanban-Board dargestellt. So wird der gesamte Prozess transparent und überschaubar.
  2. Begrenzung von parallelen Aufgaben
    Man konzentriert sich auf wenige Aufgaben gleichzeitig. Das hilft, einer Überlastung vorzubeugen und die Aufmerksamkeit gezielt auf die aktuellen Projekte und Herausforderungen zu richten.
  3. Kontinuierliche Verbesserung
    Der Prozess wird regelmäßig reflektiert und angepasst. So können eventuell auftretende Probleme und zeitliche Engpässe frühzeitig erkannt und angegangen werden.

 

Warum Kanban für das Lernen nutzen?

  • Transparenz schaffen
    Das Board zeigt auf einen Blick den aktuellen Status der Aufgabenbearbeitung. Man sieht sofort, was noch zu tun ist und was bereits erledigt wurde.
  • Selbstorganisation fördern
    Kanban fördert eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und strukturierte Arbeitsweise. Das fördert die Selbstkompetenz. Und es ermöglicht, durch das Setzen von Prioritäten die zur Verfügung stehende Lernzeit für die wirklich wichtigen Dinge zu nutzen. Das wirkt sich positiv auf unser Zeitmanagement aus.
  • Motivation steigern
    Der sichtbare Fortschritt auf dem Kanban-Board wirkt motivierend. Wenn Aufgaben von „In Progress“ zu „Done“ verschoben werden, erlebt man ein unmittelbares Erfolgserlebnis. Die Zielerreichung ist plötzlich „anfassbar“ und wird zusätzlich visualisiert. Das spornt an, weitere Aufgaben und Themen anzugehen.

Wie funktioniert Kanban bei Lernprozessen?

  1. Das Kanban-Board erstellen

Ein Kanban-Board besteht vertikal aus drei Spalten:

  • To-Do (Zu tun) : Hier werden alle Lernaufgaben aufgelistet, die anstehen.
  • In Progress (In Bearbeitung): In dieser Spalten stehen Aufgaben, an denen gerade gearbeitet wird.
  • Done (Erledigt): Dort werden die Aufgaben aufgeführt, die fertig bearbeitet und abgeschlossen sind. Lässt man die Aufgaben auch nach der Bearbeitung noch ein bisschen dort stehen, kann das ebenfalls die Motivation steigern, weil man an erzielte Lernerfolge erinnert wird und diese auch tatsächlich vor sich sieht.

Ein Kanban-Board ist schnell erstellt: Entweder nimmt man ein physisches Board (z. B. ein Brett oder Whiteboard für Haftnotizen) oder entscheidet sich für eine digitale Version. Es gibt zahlreiche Tools wie z. B. Trello, Asana oder Notion, die Kanban virtuell abbilden. Und das zum Teil auch vollkommen kostenlos.

 2. Lernaufgaben notieren

Die Post-its oder Kanban-Karten enthalten Informationen wie Lernthema, Fälligkeitsdatum (zu erledigen bis), zu verwendende Lernmaterialien (z. B. Lehrbuch Seite von … bis, Prüfungsaufgaben Sommer 2024, usw.), und die zu verwendenden Lernstrategien, z. B. Lesen, Buchen, Rechnen, Bearbeiten Zusammenfassen, Mindmap erstellen oder Wiederholen. Je präziser die Aufgaben festgelegt werden, desto leichter fällt die Bearbeitung.

Durch die Angabe eines konkreten Datums wird zum einen die Verbindlichkeit der Aufgabenbearbeitung erhöht, zum anderen fällt so die Priorisierung deutlich leichter, wenn gleichzeitig mehrere Themen und unterschiedliche Aufgaben bearbeitet werden sollen. So passt jeder Lerner das Board an seine spezifischen Lernziele und seine individuellen Lernbedürfnisse und -strategien an.

3. Aufgaben priorisieren und limitieren

  • Priorisieren
    Zunächst wird überlegt, welche Aufgaben oder Lerninhalte am wichtigsten, dringendsten oder relevantesten sind. Diese werden dann zuerst bearbeitet. Ebenfalls sollte beim Zeitmanagement beachtet werden, dass für die Bearbeitung von schwierigen oder komplexen Themen mehr Zeit benötigt wird und trotzdem noch ausreichend Zeit zum Wiederholen zur Verfügung stehen soll. Zudem sollten komplexe Aufgaben in übersichtliche und gut zu bewältigende Teilaufgaben zerlegt werden.
  • Limitieren
    Um Erschöpfung, Konzentrationsmangel und Demotivation vorzubeugen, sollte nur an einer begrenzten Anzahl von Aufgaben bzw. Lerninhalten gleichzeitig gearbeitet werden. In der Regel bieten sich etwa 2 – 3 verschiedene Themen pro Tag an. Die Bearbeitung von mehr Themen kann schnell zu Zeitkonflikten und Überforderung führen. Das ist für den Lernprozess nicht hilfreich. Deswegen: Erst dann eine neue Aufgabe beginnen, wenn zuerst eine andere abgeschlossen wurde

4. Fortschritte visualisieren

Sobald die Aufgaben begonnen oder abgeschlossen werden, wandern die Kärtchen eine Spalte weiter. So sieht man auf einen Blick den aktuellen Stand und kann direkt zuordnen, was noch zu tun ist oder ob es noch Luft für neue Aufgaben gibt. So werden Fortschritte und Erfolge sichtbar.

 5. Reflexion und Anpassung

Stellt man beispielsweise fest, dass man in bestimmten Bereichen mehr Übung benötigt, kann man gezielt Aufgaben hinzufügen oder weitere Ressourcen (z. B. Lernvideos, Podcasts, Lernapps) einplanen, um diese Lücken zu schließen. Durch regelmäßige Updates und Anpassungen des Boards wird auch ein Bewusstsein dafür geschaffen, welche Lernmethoden und -techniken besonders gut funktionieren und in Zukunft vielleicht verstärkt genutzt werden sollten. Umgekehrt wird auch deutlich, was nicht gut klappt oder bei welchen Themen vielleicht noch zusätzliche Lernzeit eingeplant werden sollte. So entwickelt jeder Lerner ein tieferes Verständnis für die eigenen Lernprozesse und erlebt, wie Herausforderungen selbstständig bewältigt werden können. Das stärkt Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit.

Das Ende einer Lernphase eignet sich prima zur Reflexion über den eigenen Lernprozess:

1. Planung und Priorisierung

  • Sind alle Aufgaben auf meinem Kanban-Board klar formuliert?
  • Habe ich die wichtigsten Themen priorisiert?
  • Gibt es Aufgaben, die ich aufteilen sollte, weil sie zu groß oder unübersichtlich sind?

2. Fortschritt und Motivation:

  • Wie fühle ich mich beim Bearbeiten der Aufgaben?
  • Woran merke ich, dass ich Fortschritte mache?
  • Gibt es Aufgaben, die länger dauern als erwartet? Warum?

3. Hindernisse und Lösungen:

  • Welche Aufgaben bleiben häufig in der Spalte „In Bearbeitung“ hängen?
  • Gibt es bestimmte Themen, die mir schwerfallen?
  • Welche Schritte könnte ich unternehmen, um Lernblockaden und Hindernisse zu überwinden?

4. Zeitmanagement:

  • Ist die Zeit, die ich für jede Aufgabe eingeplant habe, realistisch?
  • Wie oft überprüfe ich mein Kanban-Board?
  • Habe ich ausreichend Pausen eingeplant?

5. Anpassungen:

  • Welche Änderungen könnte ich am Aufbau meines Kanban-Boards vornehmen, um es übersichtlicher zu gestalten?
  • Sind meine Spalten (z. B. „Zu tun“, „In Bearbeitung“, „Erledigt“) passend, oder brauche ich zusätzliche Kategorien?
  • Was habe ich gelernt, das ich beim nächsten Lernprojekt besser machen kann?

 

Tipps für erfolgreiches Lernen mit Kanban

  1. Realisierbare Aufgaben festlegen
    Große und komplexe Lernziele in kleine, überschaubare Aufgaben zerlegen. Das erhöht den Erfolg und die Motivation.
    Realistische Planung
  2. Ausreichend Bearbeitungszeit für jede Aufgabe festlegen und nicht zu viele Aufgaben auf einmal einplanen. Auch Wiederholungszeiten und Zeitpuffer in die Planung integrieren.
  3. Flexibel bleiben
    Ändern sich die Prioritäten, kann das Board entsprechend angepasst werden. Änderungen sind keine Rückschläge! Sie spiegeln nur wider, dass Lernen ein dynamischer und fortlaufender Prozess ist.
  4. Belohnung einbauen
    Kleine Belohnungen können durchaus die Motivation fördern, besonders dann, wenn die Motivation grundsätzlich eher schwerfällt. Jedoch sind Belohnungen individuell und müssen zum Alltag und den Interessen des Lernenden passen: Ein Kaffee, ein kurzer Spaziergang, ein Stück Schokolade oder ein Filmabend mit Freunden – hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Allerdings sollten die Belohnungen nicht zu groß oder ablenkend sein – sie sollen zwar motivieren, aber nicht vom weiteren Lernen abhalten. Zudem wirken regelmäßige, kleine Belohnungen oft nachhaltiger als seltene, große.

 

Fazit

Die Kanban-Methode ist ein flexibles und praktisches System, das sich ideal für Lernprozesse eignet. Es unterstützt die Lernenden, den Überblick zu behalten, effizient zu arbeiten und ihren Fortschritt sichtbar zu machen. Egal, ob bei der Prüfungsvorbereitung, beim Lernen für den nächsten Test oder beim Erwerb neuer Fähigkeiten – Kanban bringt Struktur und Motivation in den Lernalltag!

Hast du Lust, Kanban für deine Lernprozesse auszuprobieren? Oder haben Sie als Ausbilder:in schon einmal Kanban bei Lernprozessen im Unternehmen zusammen mit Ihren Auszubildenden eingesetzt? Ich freue mich über einen Kommentar oder eine Mail an info@prüfung-erfolg.de.

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Nadine Jungfleisch

Personalentwicklerin, Lerncoach, Ausbilderin und Autorin mit fast 20 Jahren Erfahrung in der Aus- und Weiterbildung im kaufmännischen Bereich.

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